B105 – Viel Raum für Missverständnisse

Realbridge Turnier des Bridgedomizils in München am 24. Feb. Bei Board 18 gab es viel Raum für Missverständnisse zwischen den Partnern. Nord-Süd sind in Gefahr.

Der Reizbeginn

Ost ist Teiler und passt. Süd eröffnet mit 1SA (15-17). Jetzt kommt West mit diesem Blatt:

Verteilung West - starke Hand

Mit 19 Punkten sollte West nicht schweigen. Welche Gebote kommen in Frage? Es gibt sehr unterschiedliche Vereinbarungen zur Gegenreizung nach einer 1SA-Eröffnung des Gegners:

  • Kontra als starkes Gebot: Ein Stärke-Kontra verspricht mindestens die gleiche Punktestärke wie der Eröffner.
  • Kontra als künstliches Gebot, die Bedeutung hängt von der vereinbarten Konvention ab: Multi-Landy: Einfärber in Unterfarben; DONT oder Brozel: Einfärber in einer beliebigen Farbe.
  • 2 als natürliche Reizung: Hier verspricht das Gebot auch die gereizte Farbe.
  • 2 als künstliches Gebot verspricht einen Zweifärber: abhängig von der vereinbarten Konvention ist die Bedeutung unterschiedlich. DONT: Treff und eine beliebige zweite Farbe. Die beiden anderen Konventionen kommen hier nicht in Frage, da die Bedeutung anders ist: Brozel: Treff und Coeur; Multi-Landy: beide Oberfarben.
  • 2♠: Dieses Gebot verspricht bei Multi-Landy und bei Brozel einen Zweifärber mit Pik und einer Unterfarbe.

Prinzipiell sind alle genannten Gebote vertretbar, aber nicht ideal. Der Einfärber in Treff ist zu kurz und zu schwach. Es ist auch kein sehr guter Zweifärber, da die Pik-Farbe nur zu viert ist und viele Werte außerhalb der beiden Farben sind. Passen sollte man aber auch nicht. Wenn man sich entscheiden muss, halte ich den Zweifärber für das bessere Gebot.

Bei Zweifärbern gefällt mir die Konvention DONT am besten, weil sie leicht zu merken ist und man fast immer auf der Zweierstufe bleiben kann. Mein Gebot wäre 2 (Treff und eine beliebige höhere Farbe).

Viel Raum für Missverständnisse

Verteilung Nord - Partner des Eröffners

Die möglichen Gebote von Nord (Partner des 1SA-Eröffners) hängen jetzt stark vom vorhergehenden Gebot auf West ab (siehe auch Lehrbuch zur Wettbewerbsreizung, ab Seite 212):

  • Kontra: Hat West Kontra gereizt, muss sich Nord unbedingt nach der Bedeutung erkundigen:
    • Stärke-Kontra: Das normale SA-Bietsystem ist off. Das bedeutet, alle Reizungen sind natürlich. Es gibt keine Ober- oder Unterfarbtransfers mehr. Hier sollte man mit 6FL 2 bieten.
    • Kontra für Einfärber: Das SA-Bietsystem bleibt on. Alle Transfers und Stayman sind möglich. Beim vorliegenden Board müsste man passen, da 2 Transfer auf Coeur bedeuten würde.
  • 2: Auch bei diesem Gebot ist die Bedeutung für Nord wichtig:
    • natürlich: Das SA-Bietsystem bleibt on. Alle Transfers sind möglich und Kontra ersetzt den Stayman. Nord kann das 5-er Karo nicht auf der 2-er Stufe nennen und muss passen.
    • Zweifärber mit Treff und einer unbekannten Farbe (DONT): wie vorher.
  • 2: Zweifärber mit Pik und einer Unterfarbe (Multi-Landy oder Brozel). Mit sehr viel Mut könnte Nord 2SA (Lebensohl) bieten, allerdings sind Nord-Süd in Gefahr und die Karos sollten zu sechst sein. 6FL sind zu schwach für die 3-er Stufe in Gefahr.

Weiterer Raum für Missverständnisse

Verteilung West - schwache Hand

Ost ist nun wirklich arm und sollte nur reizen, wenn es absolut erforderlich ist. Das wäre dann der Fall, wenn Nord passt. Das Gebot hängt von der Bedeutung des Partnergebots auf West ab:

  • Stärke-Kontra: Ost darf auf keinen Fall passen, da West nicht mehr als 16 Punkte versprochen hat. Ost nennt seine längste Farbe, also Coeur.
  • Kontra für Einfärber: jetzt bietet Ost das Relay 2♣ und West kann mit 5-er Treff passen.
  • 2 natürlich: hier kann Ost beruhigt passen
  • 2 für Zweifärber mit Treff (DONT): mit der Kürze in Treff bietet Ost 2 und fragt nach der zweiten Farbe. West würde 2♠ als Endkontrakt bieten.

Die optimale Reizung

Die aus meiner Sicht beste Reizung verläuft wie folgt:

  • 1SA von Süd: 15-17 FL
  • 2♣ von West: Zweifärber mit Treff und beliebiger zweiter Farbe
  • Pass von Nord: Nord kann 2 nicht natürlich bieten, zu schwach für die 3-er Stufe
  • 2 von Ost: mit Kürze in Treff fragt Ost nach der zweiten Farbe
  • 2 von West: Zweite Farbe wird Endkontrakt

Das Ergebnis

Die Double-Dummy Analyse zeigt, dass der Top-Kontrakt 2♠ oder 2 von West ist. Nord-Süd können ihrerseits nur 1SA erfüllen.

Das Board wurde an 6 Tischen gespielt und alle Paare taten sich schwer mit der Reizung.

Der eigentlich gute 2♣-Kontrakt von West führte zu einer schlechten Anschrift, da Nord-Süd zu oft den erfüllbaren 1SA-Kontrakt spielen durfte. Auch wenn Ost keine Punkte hat, darf er oder sie auf das Stärke-Kontra von West nicht passen.

Für Nord-Süd kam ein schlechtes Ergebnis heraus, wenn Nord mit 6FL noch die Karo-Farbe auf der 3-er Stufe genannt hat.

Fazit

Man sollte in einer Partnerschaft eine eindeutige Vereinbarung für die Gegenreizung nach einer 1SA-Eröffnung haben. Genauso wichtig ist es, bei eigener 1SA-Eröffnung und Gegenreizung zu wissen, was das Gebot des Partners bedeutet.

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